THW-Jugend Ludwigsburg
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Besichtigung von Schutzraumbauten

Am Samstag, den 10.März 2007, folgten wir der Einladung des Schutzraumbetriebsdienstes nach Stuttgart. Herr Nappert vom SRBD hatte uns eingeladen, insgesamt drei Bunker in Stuttgart Feuerbach zu besichtigen - den Hochbunker auf dem Pragsattel, sowie den Tiefbunker und den Hochbunker am Feuerbacher Bahnhof.



Der als Winkelturm bekannte Hochbunker auf dem Wiener Platz in Feuerbach diente im zweiten Weltkrieg als Schutzraum für bis zu 200 Reisende während der zahlreichen Bombenangriffe auf die Stadt. Die Seitenwände verlaufen kegelförmig nach oben - diese Bauweise sollte einen Frontaltreffer verhindern, die Bomben sollten am den schrägen Wänden abrollen und erst am Boden detonieren. In Deutschland gibt es nur noch zwei Bunker dieser Art.



Der Schutzraum erstreckt sich über elf Stockwerke, verfügt über zwei Ausgänge, Strom und Toiletten, allerdings nicht über einen eigenen Generator. Platz fanden die Reisenden auf einfachen Holzbänken, Sitzplatzreservierungen oder Raussuchen eines Sitzplatzes gab es nicht. Die ersten mußten bis ganz zum Fuß oder Kopf des Bunkers durchgehen - dann wurde "aufgefüllt". Nur für alte und behinderte Leute gab es Extrasitzplätze. Der sog. Bunkerwart überwachte alles innerhalb des Bunkers und stand als einziger mit der Außenwelt in Kontakt.



Heute befindet sich im Winkelturm eine Ausstellung. Zu sehen sind u.a. alte Feuerlöscher und Vorläufermodelle von Toiletten. Diese waren jedoch ohne Spülung, daneben stand ein Eimer mit Sand, den man nach Verrichtung seiner Geschäfte einfach oben drauf warf. Aber auch Erste-Hilfe-Kästen und Atemschutzmasken wurden im Schutzraum vorgehalten - auch für Tiere! Verpflegung oder gar Komfort wie Betten, Fernseher, Radio gibt es natürlich nicht.



Neben Augenzeugenberichten von Jugendlichen und Erwachsenen aus der damaligen Zeit gab es auch Fotos von den Zerstörungen, anderen Bunkeranlagen, Stadtpläne und mehrere alte Bomben, eine davon 300 kg schwer, zu besichtigen. Ganz unten im Bunker war ein lebensechtes Modell eines Schutzraumes, wie er in vielen privaten Kellern existiert hatte, aufgebaut. Mit Kanonenofen, einem schmalen Bett, Vorräten und einem Tisch mit ein paar Stühlen. Die Vorstellung selbst einmal für mehrere Stunden oder Tage in einem solchen Bunker verbringen zu müssen, ohne zu wissen, was um einen herum passiert, verursachte doch ein mulmiges Gefühl.



Etwas komfortabler, aber immer noch sehr befremdlich war da schon der Tiefbunker, der sich unterhalb des Feuerbacher Bahnhofes befindet. Er bietet Platz für 1172 Menschen und ist für eine Belegung bis zu zwei Wochen ausgelegt. Über vier Eingänge mit Schleusen, in denen sich Sandfilteranlagen befinden, konnten die Anwohner von Feuerbach in diesen Bunker gelangen. Auch hier galt - wer zuerst kommt, muß komplett durchgehen, sich hinsetzen und sofort ruhig sein.



Im Gegensatz zum Winkelturm gab es hier "bequeme" Sitzmöglichkeiten und Schlafkabinen von je neun Betten. Geschlafen wurde in Schichten - 2/3 des Tages sitzen, 1/3 schlafen. An Sport oder andere Freizeitbeschäftigungen war nicht zu denken. Bei einer Vollbelegung des Bunkers herrscht darin eine Raumtemperatur von 31 Grad Celsius, die Luftfeuchtigkeit und der Luftdruck sind erhöht. Die Anlage verfügt über eine kleine Küche, einen eigenen Brunnen, Toiletten und Waschmöglichkeiten, Strom und mehrere Wasserbehälter mit einem Fassungsvermögen von 3000 Liter. Auch eine kleine Krankenstation mit Erste-Hilfe-Material und vor allem Wundcreme gibt es dort. Bei einem Stromausfall sorgt ein großer Dieselmotor für den nötigen Strom und die Belüftung.



Nach einer kleinen Mittagspause unterhalb des als Boschturm bekannten Hochbunkers auf dem Pragsattel durften wir erstmal acht Stockwerke Treppen laufen - immer schön im Kreis. Platz bietet dieser Bunker für 1200 Personen, Sitzmöglichkeiten waren mitzubringen oder man mußte auf dem Boden oder den Treppen sitzen. Auch Betten gab es nicht. Auf jedem Stockwerk gab es immerhin Toiletten und die uns schon bekannten Wasserbehälter.



Da der Bunker nicht über einen eigenen Generator verfügt, muß die Belüftungsanlage bei Stromausfall von Hand durch Kurbeln betrieben werden. Daß dies gar nicht so einfach ist und zehn Minuten verdammt lang werden können, haben wir dann auch gleich mal ausprobieren dürfen. Und wir waren frisch gestärkt und mußten uns um unser Leben keine Sorgen machen.



Vom Dach aus hat man einen prima Rundblick über Stuttgart, wenn dieser nicht durch die Werbung verbaut wäre. Diesen Rundblick machte man sich im Weltkrieg zu Nutze und baute auf das Dach eine Flakstellung, die auch heute noch immer dort oben steht - natürlich ohne Geschütz.



Für uns war die Besichtigung der drei Bunkeranlagen eine wertvolle Erfahrung, wußten doch viele von uns bis dahin nicht einmal, daß es immer noch Bunker gibt.

Lukas R.     


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